Deep Impact - Delta II (118)  

Deep Impact

Nach einem engen Vorbeiflug an der Erde holte die Raumsonde mit 15 Kilometern pro Sekunde Geschwindigkeit genug Schwung, um den mit 25 Kilometern pro Sekunde um die Sonne kreisenden Komet Tempel-1 zu erreichen. Am 4. Juli 2005 - dem amerikanischen Unabhängigkeitstag - wurde ein 372 Kilogramm schweres Projektil in den Kometen geschossen.

» Daten:
Start:  12. Jan. 2005, 18:47 GMT
Ziel:  Einschlag (Tempel 1): 04. Juli 2005, 05:52 GMT
Ende:  01. Aug. 2005
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» Nutzlast:  ITS, HRI, MRI

Bild vergrößernKünstlerische Darstellung des Einschlags des Impactors
©NASA/JPL/UMD

Nach 172 Tagen und zurückgelegten 431 Millionen Kilometern endete am 4. Juli 2005 um 7.52 Uhr (MESZ) die Reise der 333 Mio. US-Dollar teuren Raumsonde mit dem geplanten "Feuerwerk im All" zum amerikanischen Unabhängigkeitstag: Der Aufprall des "Impactors" mit einer Geschwindigkeit von rund 37.000 Kilometern pro Stunde setzte eine Sprengkraft von fünf Tonnen TNT frei und sorgte für den gewünschten Effekt. Das Projektil schlug am unteren Ende des 14 Kilometer langen, kartoffelförmigen Kometen ein und produzierte einen Krater im Kern des Kometen. Die dabei entstandene Wolke aus Staub und ausgeworfenem Material hatte einem Durchmesser von 20.000 Kilometern (24 Stunden nach dem Aufprall gemessen. Sie bewegte sich mit einer Geschwindigkeit von 500 Kilometern pro Stunde vom Einschlagsort weg. Andere Berechnungen ergaben gar ein Auswurftempo von 700 bis 1100 km/h. Mit dem "Impactor" von Deep Impact wurde zum ersten Mal die Schale eines Kometen "geöffnet" und Staub und Gas aus dem Inneren freigesetzt - jene in Kometen weitgehend unverändert konservierte Urmaterie, aus der vor ungefähr 4,5 Milliarden Jahren wahrscheinlich unser Sonnensystem entstanden ist. Die Analyse des nach oben geschleuderten Kometengesteins soll nicht nur neue Erkenntnisse über den Aufbau von Kometen geben, sondern auch darüber, wie das Leben auf die Erde kam.

Bild vergrößernDer Moment des Einschlags des Impactors
©NASA/JPL-Caltech/UMD

Von der Erde aus konnte die in rund 133 Millionen Kilometern Entfernung stattfindende Aktion "live" beobachtet werden: Entweder direkt mit Hilfe von Fernrohren oder - mit einigen Minuten Verzögerung - auf dem Fernseh-Bildschirm zu Hause, übertragen von der Kamera an Bord des Raumfahrzeugs über Satelliten an TV-Stationen in aller Welt. Am Waikiki Beach auf Hawaii verfolgten zum Beispiel mehr als 10.000 Schaulustige auf einer riesigen Leinwand den erfolgreichen Einschlag. "Wir haben aber schon eine Menge von diesen Bildern gelernt", sagte Michael A'Hearn, der wissenschaftliche Direktor der Mission. Ein Video der NASA zeigt unter anderem die letzten Sekunden vor dem Aufprall, die von einer auf dem Projektil montierte Kamera gesendet hatte. Auf dem Video ist die furchige Oberfläche des Planeten zu sehen sowie mehrere Krater und glatt erscheinende Oberflächen. "Er unterscheidet sich erheblich von den beiden anderen Kometen, von denen die NASA bislang Nahaufnahmen machte".

Bild vergrößern50 Min. nach dem Einschlag
©NASA/JPL-Caltech/UMD

Der kühlschrankgroße "Impactor" wurde knapp eine Million Kilometer - 24 Stunden - vom Ziel entfernt von der Raumsonde abgekoppelt und beschleunigte in Richtung auf den Kometen. Gleichzeitig wurde die VW-Käfer-große Instrumenten-Plattform um etwa 100 Meter pro Sekunde abgebremst und ihre Bahn seitlich so verändert, dass sie beim Aufprall des Projektils noch etwa 10.000 Kilometer vom Ziel entfernt war. Erst 17 Minuten nach dem Einschlag flog Deep Impact in ungefähr 500 Kilometer kürzestem Abstand an der von der Sonne beleuchteten Seite des Kometenkerns vorbei und analysierte das freigesetzte Material. Nach etwa 15 Minuten war das Schauspiel dann vorbei. Der Komet Tempel 1 setzte auch nach dem Einschlag erwartungsgemäß seinen Kurs durch unser Sonnensystem fort. Entgegen den Befürchtungen einiger Kritiker war der Einschlag des Projektils wie von den Wissenschaftlern vorhergesagt, lediglich "eine Mücke, die gegen ein Flugzeug klatscht".

Bild vergrößernDas VLT beobachtet die Veränderungen
©ESO

Inzwischen liegen die ersten Daten von Satelliten und erdgebundenen Teleskopen vor, von denen man sich Erkenntnisse über die Struktur und die chemische Zusammensetzung des Kometenkerns erhofft. Auch die ESA unterstützte auf Anfrage der NASA die Beobachtungen mit Hilfe der Raumsonde Rosetta und dem Weltraumteleskop XMM-Newton - die beide vom Darmstädter Kontrollzentrum gesteuert werden - sowie mit einem ESA-Teleskop auf der spanischen Atlantikinsel Teneriffa und dem Very Large Telescope (VLT) der europäischen Südsternwarte ESO in den südamerikanischen Anden. Die europäischen Wissenschaftler konnten mit einer Reihe von Messinstrumenten einzigartige Analysen des Einschlags durchführen und eine 3-D Rekonstruktion der Staubwolke erstellen. Allein Rosetta hat dafür 4 verschiedene Messinstrumente (OSIRIS, Alice, MIRO, VIRTIS-M) eingesetzt. Mit der dem Messinstrument OSIRIS der ESA-Sonde Rosetta konnte zum Beispiel präzise die durch den Einschlag hervorgerufene Veränderung der Helligkeit des Kometen gemessen werden. Die Helligkeit von Tempel 1 schnellte eine halbe Stunde nach dem Einschlag auf das Fünffache hoch, eine Stunde später begann sie dann langsam wieder abzunehmen. Da es sich bei dem Licht um Sonnenlicht handelt, das an den Staubteilchen in der Koma des Planeten gestreut wird, sollte diese Messung Rückschlüsse auf die Menge des aufgewirbelten Staubs erlauben. Allerdings muß man dabei die Grössenverteilung der Staubpartikel berücksichtigen, die es noch zu ermitteln gilt.

Bild vergrößernTempel 1 aus der Sicht des XMM-Newton Weltraum-Observatoriums. Die unteren Aufnahmen wurden mit dem UV-Kanal des Instruments aufgenommen und sind ein Nachweis für Hydroxyl-Ionen
©ESA. Charo Gonzales and Pedro Rodriguez, ESAC (Spain)

Bereits wenige Stunden nach dem Einschlag des Projektils der Raumsonde konnte durch den Vergleich von Aufnahmen des XMM-Newton, die vor und nach dem Einschlag im ultravioletten Lichtspektrum gemacht wurden, der Nachweis von Wasser in der Zusammensetzung des Kometen erbracht werden. Die Bilder des UV-Kanals des Instruments zeigen den Auswurf von Hydroxyl-Radikalen nach dem Einschlag. Diese sind ein Zerfallsprodukt von Wasser. Die Existenz von Wasser in dem Kometen deckt sich mit Messungen, die vor dem Einschlag gemacht worden waren. Mit Spannung wartet man nun darauf, ob bei dem Einschlag auch Substanzen freigesetzt wurden, die man bisher noch nie in Kometen beobachtet hat.

Die Frage nach der Größe des Kraters, der durch das Geschoss in den Kometenkern gerissen wurde, bleibt wahrscheinlich unbeantwortet. Sie würde Aussagen darüber erlauben, wie stark das im Kometenkern vermutete Konglomerat aus Eis und Staub zusammengehalten wird. Eine direkte Beobachtung des Kraters wäre aber nur in den ersten dreizehn Minuten nach dem Einschlag möglich gewesen, danach hatte sich die Sonde bereits zu weit vom Kometen entfernt. Während dieser kurzen Zeitspanne wurde die Sicht auf den Krater jedoch durch die aufgewirbelte und expandierende Staubwolke blockiert, die größer und undurchsichtiger war als zuvor angenommen. Möglicherweise wird man deshalb vergeblich auf Bilder vom Krater warten.

Die Raumsonde ist noch immer voll funktionstüchtig. Sie lieferte makellose Bilder von dem kosmischen Ereignis, nicht zuletzt deshalb, weil die sensiblen Instrumente vor dem Einschlag des "Impactors" zunächst für eine halbe Stunde abgeschaltet worden waren. Damit konnte erfolgreich verhindert werden, dass die Instrumente beim nahen Vorbeiflug an dem Kometen durch Staub und Trümmer beschädigt wurden. Nach Angaben des Erbauers der Sonde, Ball Aerospace and Technologies, soll Deep Impact möglicherweise zum Kometen Boethin weiterfliegen. Über die dreieinhalbjährige Reise soll in den nächsten drei Wochen entschieden werden.





 
 
 
 

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22.02.2015

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